Per Aspera Ad Astra- Joywave im Interview

Joywave - Berlin - Interview
Joywave live concert at Lido 01 March 2020

Joywave sind eine sympathische Indie Rockband aus Rochester im Bundesstaat New York, die bereits seit zehn  Jahren aktiv in der Musikszene mitmischen. 2014 gelang ihnen schon ein Nummer Eins Hit in den Alternative Billboard Charts. Nach zwei erfolgreichen Alben erschien am 13. März 2020 ihre dritte Platte Possession. Daniel Armbruster ist das Mastermind der Band, er schreibt und produziert die Songs. Der Outcome kann sich hören lassen. Die neue Scheibe ist noch einen Tick gereifter als ihre Vorgänger, verbindet geschickt nonchalante Melodien mit Texten über Kontrollverlust, Apokalypse und wie es sich anfühlt nur ein ganz kleines Rädchen im Getriebe zu sein. Vor ein paar Wochen haben wir Daniel zum Interview in Berlin getroffen, persönlich, mit Handshake, ohne zwei Meter Abstand. Was waren das nur für verrückte Zeiten!

Wir sprachen über die NASA, unerfüllte Kindheitswünsche, die Mondlandung und Paul Mc McCartney. Und natürlich ganz viel über “Possession”, das Album, das den Indie re-definiert.

Die Scheibe an sich ist grandios, aber auch der Blick auf Youtube lohnt sich, denn die Musikvideos der Amerikaner sind ein Augenschmaus und zum ersten Mal seit Jahren wünscht man sich MTViva wieder her (das vor der Jamba-Werbung). Außerdem eilt der Band der Ruf von hervorragenden Live Performances voraus, was sich später an diesem Abend durchaus bestätigen wird. Doch vorher steigt das Interview im Band-Van. Daniel trägt eine NASA- Jacke und eine Retro-Brille (vielleicht auch vintage- Kraftklub kennen sich da besser aus). Gut gelaunt und entspannt starten wir mit ein  bisschen Smalltalk, bevor es ans Eingemachte geht.

 

Herzlichen Glückwunsch zur neuen Platte, was für ein Feuerwerk. Nicht nur auditiv, sondern auch visuell. Gleich der erste Song auf „Possession“ ist eine ziemliche Überraschung. „Like a Kennedy“ ist ja ein recht getragener Song und nicht unbedingt der Disco-Hit für einen fulminanten Auftakt.

In der heutigen Online-Welt beim Streamen von Musik kommt es nicht unbedingt auf die Reihenfolge an. Mir war aber wichtig, dass die Hörer, die sich nicht weiter mit dem Album befassen, zumindest diesen einen Song hören. Die Platte ist eigentlich darauf ausgelegt, in die Totale zu gehen. Bei „Like a Kennedy“ ist es genau andersrum, der zoomt absichtlich aus dem Großen in das ganz Kleine rein. Es soll das Gefühl einer Ohnmacht vermitteln, die durch das Gros der Welt und ihres Leidens ausgelöst wird und dafür sorgt, dass man sich wie ein Ertrinkender fühlt.  Dabei möchte der Protagonist doch nur alt, fett und glücklich sein.

 

Real Talk, ich denke, das ist die tiefgründigste Aussage auf Possession.  Mit dem ganzen Scheiß nichts mehr zu tun haben zu wollen und einfach auf der Couch sitzen, mit sich im Einklang zu sein und eben genau das, „old, fat and happy“, zu werden. Geht es auch ein bisschen um euren Präsidenten Donald (Duck) Trump?

Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, es nicht auf die Trump Ebene zu ziehen. Es ist nicht wirklich ein politischer Song, sondern offensiv normal. Es wäre doch zur Abwechslung ganz possierlich, sich um die eigenen Baustellen kümmern zu können, ohne das Gefühl haben zu müssen, dass jeden Moment die Welt untergeht.

 

Es gab in den 90ern die Band Blind Melon, die neben ihrem Gassenhauer „No Rain“ auch andere tolle Songs gemacht haben. „I Wonder“ ist einer davon und Shannon Hoon beendet das Lied mit der Line „I only wanted to be 16 – and free”. Das steckt ja eigentlich derselbe Wunsch dahinter.

Ja, genau so!  Das der gleiche Ansatz! Von Blind Melon kenne ich aber wirklich nur den Hit.

 

Man hat den Anführer der freien Welt gemeuchelt und es hat sich trotzdem nichts geändert!Daniel Armbruster über das Attentat auf JFK

 

In eurem Video zu “Like a Kennedy” postulierst du dich als JFK im Cabrio sitzend, bevor du, wie in der traurigen Realität, einem Attentat anheimfällst. Nun ist diese Idee nicht neu, Marilyn Manson hat das bei „Coma White“ auch schon gemacht.  Du hast aber eine Zeitschleife eingebaut und die Szenerie in die Twilight Zone katapultiert!

In Amerika ist Waffengewalt ein riesiges Problem. Es gibt einen Haufen Massenschießereien und Amokläufe und die gleichen Dinge passieren im Laufe der Jahre  immer und immer und immer wieder. Es ändert sich einfach rein gar nichts. Man hat den Anführer der freien Welt gemeuchelt und es hat sich trotzdem nichts geändert! Der Attentäter ist einfach in ein Einkaufszentrum gegangen, hat sich für 18 Dollar ne Knarre gekauft und damit den Präsidenten umgebracht. Und DENNOCH kannst du, natürlich abhängig vom Bundesstaat, in ein Geschäft gehen und sagen: „Hallo, ich würde gerne eine Schusswaffe kaufen“. Das ist doch verrückt?!

 

 

Viele Amerikaner vertreten die Meinung, dass nicht Schusswaffen töten, sondern Menschen töten Menschen.

Ja klar! Aber wie viele Ebenen will man denn dann zurückgehen? Irgendwann kommt man dann an den Punkt: „Warum sind wir hier?“ Das ist eine Milchmädchenrechnung! Und im Übrigen ist es ist die Kugel, die einen Körper zerstört. Ungelogen gibt es ein großes Problem mit der geistigen Gesundheit der Bevölkerung, nicht mal zwingend nur in Amerika. Aber wenn dann einer mal durchdreht und er hat „nur“ ein Messer, dann kann er damit nicht so viel Schaden anrichten wie ein Amokläufer mit einer MPi, die für ein Kriegsschlachtfeld konzipiert wurde. Der Schaden, den so ein Gerät anrichtet, ist ums Hundertfache multipliziert.  In England gibt es anscheinend recht viele Messerattacken. Ich denke mir dann immer, wie krass das ist, dass das in den nationalen Nachrichten berichtet wird. Da bin ich fast versucht mir zu wünschen, dass das alles wäre, was ich in meinem Land zu befürchten hätte.

 

Es hat natürlich auch viel mit Geld und Macht zu tun. Die Waffenlobby ist so groß, eine riesige Maschinerie.

Natürlich! Eisenhower hat in seiner Abschiedsrede vor dem militärischen Industriekomplex gewarnt und alle fragten sich, von was er eigentlich spricht. Letztendlich hatte er aber verdammt Recht damit.

Joywave live concert at Lido 01 March 2020

Ihr habt in dem Song auch dieses pompöse Gitarrensolo, das so überhaupt nicht zu eurer Musik passt und nur so von Pathos strotzt. Ist das auch ein symbolischer Mittelfinger gegen die amerikanische Scheinwelt?

Damit nicht genug, es gibt auch noch ein Feuerwerk, wenn du genau hinhörst, haha. Es ist wohl der amerikanischste Moment, den man auf Platte pressen kann. Ein richtiger 4. Juli Moment.  Wir machen keine Gitarrensoli, nie! Es ist auch nicht lustig gemeint, es ist kein Witz. Es ist ein ironischer Abzug des größten anzunehmenden amerikanischen Moments.

 

 

 

Als wir angefangen haben, an dem Song zu schreiben, ging die Meldung um die Welt, dass Nordkorea Atombomben hat und die könnten jeden Moment an unserer Westküste einschlagenDaniel Armbruster über 'Coming Apart'

 

Und bei Coming apart geht es um eine Trennung?

Nein, gar nicht, haha. Aber das ist okay! Es geht mehr darum, wie man mit sich selbst klar kommt in diesen apokalyptischen Zeiten. Soll man überhaupt noch Kinder kriegen? Alles sehr ungewiss.

 

Ich habe das Gefühl, dass es auf dem Album recht oft darum geht, dass Dinge enden.

Auf jeden Fall! Aber es fängt mit dieser Angst und Beklemmung an… Der Gruß im Intro von „Coming Apart“ ist übrigens ein Stück aus den Golden Records der NASA, die im Raum rumfliegen. Die Voyager Golden Records sind zwei Schallplatten, die an Bord der beiden 1977 gestarteten Voyager-Raumschiffe aufgenommen wurden. Die Aufzeichnungen enthalten Töne und Bilder, die ausgewählt wurden, um die Vielfalt des Lebens und der Kultur auf der Erde darzustellen, und sind für jede intelligente außerirdische Lebensform gedacht, die sie möglicherweise findet. Unser Sample ist koreanisch und sagt sowas wie: „hallo, wie geht’s?“ . Als wir angefangen haben, an dem Song zu schreiben, ging die Meldung um die Welt, dass Nordkorea Atombomben hat und die können jeden Moment an unserer Westküste einschlagen. Da standen wir nun und dachten uns, na super, wie sollen wir denn bei diesen Aussichten was auf die Reihe kriegen?

 

Gar nicht?

Stimmt! Aber man darf sich ja auch nicht verrückt machen deswegen. Im Verlauf der Platte lernt man, dass nicht alles perfekt ist und dass man nicht alles kontrollieren kann. Es gibt keine perfekte Ausgangslage. Menschen kämpfen bis zu ihrem Tod um die Kontrolle über ihr eigenes Leben unter den gegebenen Umständen.

 

Dann passt es ja ganz gut, dass am Ende des Videos zu „half your age“ die Erde in die Luft gesprengt wird! Das Video zeigt einen manischen Typen, der mithilfe von Pillen zum Superman wird, aber immer mehr davon braucht, bis es schließlich in einer riesigen Explosion endet.

Ja. Der Song handelt eigentlich von dem Traum, seine Ziele zu verfolgen. Wenn man jung ist, will man immer berühmt werden.

 

Bist du!

Ja okay, haha! Aber damit konnte ja keiner rechnen. Jedenfalls haben doch alle den Traum, groß rauszukommen.  Ob nun als Musiker oder Schauspieler oder Sportler. Als Kind wollte ich unbedingt Hockey Spieler werden. Ironischerweise konnte ich aber nicht mal Schlittschuhfahren! Das war mir aber total egal, deswegen habe ich mit 14 immer noch behauptet, dass ich wohl mal in der Eishockey Nationalmannschaft spielen werde, wenn ich älter bin. An diesem irrationalen Ding habe ich festgehalten, bis ich in die Pubertät kam und einsehen musste, dass meine schmächtige Statur sich nun wirklich nicht anbietet, ein professioneller Athlet zu werden. Mein Plan B war, populärer Musiker zu werden. Ist das nicht lächerlich? Wie weltfremd kann man eigentlich sein. Ich denke, viele Menschen haben nicht die Gabe einzusehen, wann es Zeit ist aufzugeben. Vielleicht liegt das auch an der Erziehungsmethode unserer Generation. Uns wurde immer eingeredet, wir können alles werden, was wir wollen und dass wir Millennials alle was ganz Besonderes sind. Am Ende des Tages müssen wir aber trotzdem arbeiten und sollten einen Plan haben, der auch für uns funktioniert.

 

Uns wurde immer eingeredet, wir können alles werden, was wir wollen und dass wir Millennials alle was ganz Besonderes sind.Daniel Armbruster über Millennials

 

Da hast du Recht. Aber wie passt das zu dem Video?

Achso, haha. Ja, das kannst du nicht wissen. Das Ganze ist eine Satire auf die pharmazeutischen Werbefilmchen bei uns in Amerika. Ich war auf eine seltsame Art und Weise immer von der Reklame fasziniert, in der bekannte Songs umgereimt werden, so dass sie auf das Produkt passen. Zum Beispiel wurde aus INXS‘ „Unbelievable“ in der Werbung für Salatcroutons: „You’re crumbelievable!“

 

Danke für den Ohrwurm. Hoffentlich musste Michael Hutchence diesen Tiefpunkt seiner Musikvermarktung nicht mehr miterleben, sonst würde er sich gleich zum zweiten Mal aufhängen.

 

Ich war entsetzt und dachte: “Oh my Gooood, sie haben das Lied dieser Band getötet!” Später lernt man dann natürlich, dass das schon mit Genehmigung der Urheber passiert ist. Bei uns im Song heißt es ja „laugh it all away“, also war unser erster Gedanke, daraus eine Zahnpasta Werbung zu machen, was bei „brush it away“ ja nahe liegt. Das haben wir dann aber verworfen. Wir wollten einfach, dass die Leute glauben, sie sehen einen Werbefilm. Deswegen erscheine ich auch nicht in den ersten 30 Sekunden und stattdessen gibt es den „Werbung überspringen“ Button. Wir hofften, dass die Zuschauer sich fragen, wann diese pharmazeutische Werbung endlich vorbei ist und das Lied anfängt. Im Verlauf wird dann klar, dass die Welt untergehen muss.

 

 


Ein weiteres, wiederkehrendes Motiv ist das Universum. Du trägst eine Jacke der NASA, eure Videos haben immer einen Bezug zum All. Woher kommt deine Vorliebe für die unendlichen Weiten?

Als ich fünf Jahre alt war, wollte ich Astronaut werden. Also bevor ich Hockey Spieler werden wollte, haha. Dann habe ich aber herausgefunden, dass es im All keinen Sauerstoff gibt und es auch verdammt gefährlich ist da draußen. Ich bin nicht so der Abenteurer. Meine Hauptfächer am College waren dann Geschichte und Ökonomie und wirklich jedes einzelne Paper, das ich verfasst habe, drehte sich um das Space Program. Selbst im Geschichtskurs über die Sowjetunion. Da habe ich dann halt über deren Raumfahrtprogramm referiert. Vor allem die glorreichen 60er Jahre haben es mir angetan. Man muss sich vorstellen, dass diese ganzen Missionen ins All ja auch eine Art Wettbewerb zwischen Kommunismus im Osten und dem Kapitalismus des Westens waren. Wer wird es zuerst schaffen, einen Menschen auf den Mond zu schießen?

Joywave live concert at Lido 01 March 2020

Ist es nicht verrückt, mit welcher Technologie sie es dann letztendlich geschafft haben? Jedes Smartphone hat mehr Speicher als deren gesamte Technik im Raumschiff! Glaubst du, dass die Amerikaner wirklich auf dem Mond waren?

Auf jeden Fall, keine Frage! Das beste Argument dafür ist doch, dass es in Amerika Pressefreiheit gibt. Wenn sie also lügen hätten wollen… warum haben die Sowjets dann nicht einfach das Gegenteil behauptet und gesagt, sie wären auf dem Mond gewesen? Hast du das Video gesehen, in dem Buzz Aldrin, der zweite Mann auf dem Mond, einem Zweifler so richtig eine mitten ins Gesicht zimmert?  Und ihm ist danach nichts passiert, weil er ein amerikanischer Schatz ist.

 

 

 

Daniel schmunzelt versonnen und wäre in diesem Moment wohl entweder gerne selber Buzz, oder auf dem Mond. Don’t fuck with heroes!

 

 In deinem Song „Obsession“ singst du ja auch, dass du eine neue Begehrlichkeit brauchst. Welche ist denn deine jetzige?

Ich bin erst kürzlich darauf gekommen, dass mein Hirn permanent in Bewegung sein muss. Ich mache mir ständig über die verschiedensten Dinge Gedanken. Ich bin ein totaler Workaholic. Nicht nur, was die Musik per se anbelangt, sondern auch das Drumherum. Seien es Flyer, Merchandise Artikel, Promo… you name it. Im Gegenzug vermeide ich dabei aber absichtlich die essentiellen Fragen nach dem Sinn des Lebens. Und als ich so darüber nachdachte, worüber ich so nachdenke, stellte ich fest, dass ich wohl eine Zwangsneurose habe, denn all das, was ich mache, passt vollkommen zu dieser Indikation. Ich muss mich einfach permanent mit Etwas beschäftigen.

 

Und das möchtest du ändern?

Nein, haha. Meine Freundin möchte das. Aber ich möchte das nicht. Auch für die Menschen in meinem beruflichen Umfeld wäre das schlecht. Durch meine Pedanterie bin ich ein wirklich hart arbeitender Mann und nehme anderen eine Menge Kram ab. Das bezieht sich aber nur auf kreative Tätigkeiten. Ein Videospiel lässt mich zum Beispiel völlig kalt, da würde ich mich nie so reinsteigern.

 

Joywave live concert at Lido 01 March 2020

 

Apropos Videospiel, ihr habt ja 2018 schon Blast off veröffentlicht , was auch auf dem Fortnite Soundtrack drauf ist. Wie kam es denn dazu?

Die Fortnite-Macher haben unseren Song „Destruction“ im Originaltrailer verwendet. Und dann hörten sie eine Urversion von Blast off. Dazu kam noch, dass diese Spielepisode im All beheimatet war und dafür unbedingt unseren Song haben wollten. Also haben wir in  Windeseile das Lied fertiggestellt. Auf dem Album ist aber ein anderer Mix als im Spiel.

 

Auf “Possession” geht es um Kontrollverlust. Glaubst du, man kann die Kontrolle nur verlieren, wenn man sich vorher selbst verloren hat?

Nicht zwingend. Ich denke, man muss lernen damit zu leben, nicht immer die Kontrolle über alles zu haben. Dass irgendjemand sein eigenes Leben kontrollieren kann, ist eine Illusion, eine Fantasie. Das als Trugschluss zu akzeptieren ist der Weg zur Glückseligkeit, soweit jedenfalls meine Meinung.

 

Du hast auch einen Song, der „Funny thing about opinions“ heißt. Wie ist das denn so, mit den Meinungen, was ist daran lustig?

Schlagwort: Kommentarspalten im Internet. Social Media ist für manche Dinge super, aber absolut schrecklich für andere Sachen. Es ist ein Megafon für Idioten. Früher waren die Meinungen, die eigentlich nicht geteilt werden müssen, nur kurze Gedanken, die aufploppten und sofort wieder verschwanden. Heute jedoch glaubt jeder Vollhonk, seine 5 Cents im Internet kundtun zu müssen. Jeder hat eine Meinung. Der Algorithmus entscheidet dann, welche die richtige ist. Welche Meinung frustriert am meisten, polarisiert am meisten. Das ist so schlimm, ich will damit nichts zu tun haben. Das Internet sollte einfach auch mal den Rand halten. Am liebsten würde ich es zeitweise ausschalten. Vielleicht geht das ja in Zukunft.

 

Du kannst zumindest die Kommentarfunktion abschalten! Ein weiser Mann sagte mal: „nur, weil man eine Meinung hat heißt das nicht, dass man sie auch propagieren muss“.

Und genau so ist es! Der Algorithmus verstärkt ja auch nur die Extreme. Als “Like a Kennedy” rauskam, dachte ich, die Reichweite müsste viel größer sein. Aber das Problem ist, dass es um gesunden Menschenverstand geht in dem Song, und das will wirklich keiner hören. Alle wollen nur die Extreme. Deswegen zerreißen wir uns.

 

Joywave live concert at Lido 01 March 2020

Wie lange hat es eigentlich gedauert, bis die Platte fertig war, ihr habt ja schon vor ein paar Jahren angefangen.

Ja, wir haben das immer zwischen den Touren gemacht, das hat ewig gedauert. Wir hatten uns eigentlich extra Zeit freigehalten, aber dann kamen Tour Angebote rein, die wir wirklich machen wollten. Ich habe dennoch weiter an dem Album gearbeitet. Die Pausen waren auch nicht schlecht, um alles zu resümieren und zu editieren. Man findet immer etwas, was man verbessern kann. Kleinigkeiten verschwimmen, wenn man nicht etwas Abstand gewinnt.

 

 

 

 

Dabei läuft man aber auch Gefahr, etwas zu verschlimmbessern.

Das kann natürlich auch passieren. Ich weiß aber in der Regel, wann ein Track fertig ist. Ich bin der Produzent und ich schreibe die Songs. Ich habe eine Vision eines Stückes, auf die ich hinarbeite, ganz wie ein Songwriter.

 

Entstehen dann die Texte zuerst?

Nein. Als ich sehr jung war erfuhr ich, dass der Typ von Creed die Lyrics zuerst schreibt. Ich fand die immer total schlimm, deswegen war für mich klar – so kann ich es auf keinen Fall machen. Es ist auch natürlicher für mich, erst die Musik zu schreiben. Fake Lyrics sind Platzhalter, bis der Text da ist. Der entsteht dann auch in diesem Konstrukt, das ich vorher schon  gebaut habe. Am Ende hat jedes Wort hat seinen vorgesehen Platz.

 

Die Beatles haben das auch so gemacht.

Und seit ich das weiß, fühle ich mich Paul Mc McCartney sehr verbunden, haha! Im Geiste vereint.

 

Irgendwer hat an der Uhr gedreht, denn Daniel muss auf die Bühne. Der Auftritt vor PVRIS verläuft reibungslos und das Publikum im Lido hat ganz offensichtlich Spaß. Die neuen Songs rocken und verstärkt durch die Bühnenpräsenz der Gruppe, werden Joywave zu einem Live Spektakel, das man zuletzt so nur von Don Broco gewohnt ist. Wer weiß, vielleicht gibt es ja in ferner Zukunft, wenn das Leben wieder normal ist, mal eine Doppeltour. Bis dahin bleiben den alten und neuen Fans noch die Alben und die kurzweiligen Musikvideos. Joywave and chill!

 

Das Interview wurde geführt von Désirée Pezzetta

Fotocredits: Désirée Pezzetta

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