Interview: Mit Gold gegen das Grau – Pish von Kakkmaddafakka

Pish - Kosmonaut Festival [06.07.2019]

Norwegen ist nicht nur bekannt für seine schöne Landschaft, sondern auch für Qualitätsmusik. Kleines Land, große Geister, könnte man meinen. Eine besondere Rolle spielt dabei die zweitgrößte Stadt des Landes, Bergen. Nicht nur berüchtigte Black Metal Bands wie Burzum wurden dort gegründet, sondern auch Datarock und everbody’s darling KAKKMADDAFAKKA. Letztere sind seit Jahren konstant populär und begeistern Fans auf der ganzen Welt mit ihrem leichtfüßigen Indierock. Mittlerweile wandelt der Sänger der Band, Pål Vindenes, auf Solopfaden. Sein Projekt heißt Pish, frei übersetzt soviel wie Pisse. Zusammen mit seinem Bruder hat er auch das Plattenlabel Bergen Mafia gegründet. Es ist also viel los derzeit, aber trotzdem nimmt sich Pish spontan Zeit für ein kleines Interview. Was für ein Glück wir doch haben!

MusiCandy: Hey Pål, super, dass das so spontan geklappt hat. Tolle Show eben auf der Hauptbühne- hattest du auch Spaß?

Pish: Ja, total, es ist auch eine superschöne Location hier. Das Publikum war auch klasse!

Das werden die Veranstalter sicher gerne hören. Aber wo er Recht hat, hat er Recht. Das Kosmonaut Festival ist wirklich wunderschön am Stausee Rabenstein gelegen. Pish’s Slot war am Nachmittag bei bester Stimmung und Badewetter. Tags zuvor hat er in Berlin in einem winzigen Club gespielt. Von der Skyline zum Bordstein- in so eine Venue würde es ihn mit Kakkmaddafakka wohl nicht ziehen- oder?

MusiCandy: Gestern warst du ja in Berlin- bleibst du noch ein paar Tage hier?

Pish: Ja, naja. Ich kam gestern an und habe direkt ein Konzert gespielt. Morgen Abend dann noch ein Abschiedsdinner, bevor es zurück nach Norwegen geht. Ich weiß noch nicht, wo wir essen werden, aber ich hoffe auf ein gutes Schnitzel!

MusiCandy: Hier ist es auch nicht so teuer, wie in Norwegen

Pish: Das stimmt, aber auch abgesehen davon ist es immer super, in Deutschland zu sein. Man behandelt mich immer sehr gut hier.

MusiCandy: Gestern hast du ja eine ganz kleine Venue gespielt, den Fluxbau, wenn mich nicht alles täuscht. Ein paar Monate zuvor hast du mit Kakkmaddafakka das Astra ausverkauft. Sei mal ehrlich- magst du die kleinen oder die großen Shows lieber?

Pish: Da kann ich niemandem was vormachen, die großen Hallen sind schon der Hammer. Der Vibe, die vielen Menschen… das ist speziell. Auf der anderen Seite hat das gestern auch wahnsinnigen Spaß gemacht bei der kleinen Show. Ich war total nervös, weil mein Mentor da war. Er kannte meine Liveshow noch nicht und ich war gespannt, wie er die Show findet. Er kam danach zu mir und sagte, ich hätte nicht nervös sein brauchen. Da war ich super erleichtert. Ich mache ja jetzt auch dieses DJ Ding, das weißt du ja, und das ist auch was Neues für mich. Deswegen bin ich froh, dass das alles gut ankommt und ich das kombinieren kann.

Pish - Kosmonaut Festival [06.07.2019]

MusiCandy: Mit deinem Soloprojekt fängst du ja nochmal ganz von vorne an. Aktuell seid ihr zu zweit. Wird man da nicht einsam auf Tour? Immerhin bist du ja die riesige Kakkmaddafakka-Crew gewohnt.

Pish: Das stimmt schon, aber wir sind beste Freunde und wissen, wie wir uns gegenseitig bei Laune halten können. Wir können das tatsächlich sehr gut. Das hilft natürlich, die Stimmung gut zu halten auf Tour. Wir versuchen auch immer, neue Leute kennenzulernen und mit denen abzuhängen.

Na sowas, aufgeschlossene Norweger? Pål widerlegt in den ersten paar Minuten gleich sämtliche Klischees! Aber ein Klischee stimmt. In Pish’s Heimatstadt Bergen regnet es wirklich andauernd. Bis zu 300 Regentage pro Jahr, ständig grauer Himmel und das Bier ist auch noch sauteuer. Kein Wunder, dass da alle paar Jahre mal jemand durchdreht. Ist Pål vielleicht deswegen sooft auf Tour, weil man es einfach nicht aushält?

MusiCandy: Hand aufs Herz- tourst du deswegen so viel, weil es in Bergen die ganze Zeit regnet?

Pish macht große Augen und eine Geste, die signalisieren soll, dass der Nagel auf den Kopf getroffen wurde: Ja! Total richtig! Da steckt schon mehr als ein Fünkchen Wahrheit drin. Bergen ist halt so eine kleine Stadt…

MusiCandy: Ich habe da für ein Semester studiert, daher kenne ich mich ein bisschen aus.

Pish: Ach, du hast dort gelebt? Na, dann weißt du ja alles darüber. Das Problem mit Bergen ist, dass man, wenn man nur in Bergen bleibt, echt depressiv wird. Die Hälfte des Jahres ist es dunkel oder es regnet. Es ist einfach so immens dunkel. Und man ist von den sieben Bergen eingeschlossen, also hat es auch noch eine klaustrophobische Wirkung. Man kann quasi seine eigenen Fürze riechen, wenn du weißt, was ich meine. Alle nehmen alles so wichtig. Darum ist es essentiell rauszukommen und zu reisen, mal andere Orte zu sehen. Ich bin wirklich so privilegiert, diesen Job zu haben und reisen zu können, Reisen ist wunderbar.

MusiCandy: Bleiben wir nochmal bei Bergen und der dortigen Musikszene. In den 90ern war das ja alles recht vom Black Metal geprägt, mit Burzum und Enslaved, aber ihr habt auch den verrückten Anwalt, Gothminister, oder Datarock und Denga Denga – und natürlich Kakkmaddafakka! Aber das ist doch noch nicht alles, was eure Indieszene zu bieten hat, oder?

Pish: Kings of Convenience, Young Dreams, Egge, ein Typ, den wir auf unserem Label Bergen Mafia gesigned haben. Der macht wahnsinnig gute Musik und meiner Meinung nach ist er der Retter des Rock. Er hat eine super Platte produziert und war gestern Abend der Supportact bei meinem Gig.

MusiCandy: Das ist ja praktisch! Dann kannst du ihn direkt promoten, wenn er bei deinem Label ist. Ihr bringt also den Indie zurück nach Bergen?

Pish: Quasi. Wir haben auch große Acts wie Kygo, Alan Walker, Aurora, Sigrid… das sind riesige Acts. Sigrid könnte jedes Festival headlinen, sie spielt vor 30.000 Leuten, normal. Ist natürlich schon schön, dass wir alle aus derselben Stadt kommen und sozusagen dasselbe „Haus“ repräsentieren.

MusiCandy: deine Platte kam ja letztes Jahr raus und du sagtest in einem Interview, sobald das Kakkmaddafakka-Album fertig ist, arbeitest du an neuen Solosongs weiter.

Pish: Ja, das Kakkmaddafakka Album ist ja jetzt fertig. Ich gehe auch in Bälde ins Studio und nehme mein neues Album auf. Zwei Songs gab es ja heute auch schon vorab zu hören. Ich glaube, es wird ein großartiges Album und ich freue mich schon darauf.

MusiCandy: Gibt es schon ein Releasedate?

Pish: September, Oktober, November, sowas rum. Mal sehen.

MusiCandy: Klasse, dann kannst du direkt auf Tour gehen?

Pish: Ganz vielleicht. Wahrscheinlich gehe ich im Frühling auf Tour. Hoffentlich.

Pish - Kosmonaut Festival [06.07.2019]

MusiCandy: Und für den Moment? Stehen noch andere Festivals an?

Pish: Aber hallo! Rucken am Brucken…

Rucken am Brucken? Was soll das denn sein? Achsoooo, im Norwegischen ist ja ein o wie ein u und somit trifft man Pish dann auf dem….

MusiCandy: Ach, Rocken am Brocken! *lacht*

Pish: haha, genau! Und dann spiele ich noch das Dockville. Ich kenne beide Events schon und bin echt froh, dort zu spielen, weil es immer total Spaß macht.

MusiCandy: deine Musik ist ja, zumindest für mich, wie Kakkmaddafakka nur ein bisschen melancholischer. Stimmt das? War das deine Intention?

Pish: Ja, ich drifte mit meinem Soloprojekt ein bisschen weg von Kakkmaddafakka. Meine Musik ist, wie soll ich es sagen, ja, tatsächlich melancholischer und etwas entschleunigter. Aber trotzdem ist sie fröhlich und energetisch. Gestern habe ich mit ein paar Leuten nach meiner Show geredet, die mich vorher nicht kannten und die sagten zu mir, dass meine Musik einen positiven Vibe hat und das macht mich glücklich. Ich möchte ja eine positive Message in die Welt hinaustragen. Besonders dieser Tagen. Ich habe das Gefühl, dass wir in wirklich depressiven Zeiten leben, deswegen möchte ich den Menschen wenigstens ein bisschen Freude bringen, auch wenn sie nicht so laut ist, wie bei Kakkmaddafakka. Chillige, nice Sounds, um zusammenzukommen und Spaß zusammen zu haben und die blöden Sachen mal für eine Weile zu vergessen.

MusiCandy: Als ich in Bergen gelebt habe, ist mir aufgefallen, dass die Menschen alle ganz farbenfroh angezogen waren. In Deutschland ist der Trend da etwas zurückhaltender. In Bergen hingegen waren alle quietsche bunt. Vielleicht auch wegen des Wetters.

Pish: Ich denke, es hat schon mit dem Regen zu tun und weil es immer so dunkel ist. Wenn man dann wenigstens bunte, glänzende Sachen anhat, dann ist das super. Es ist wichtig für uns zu scheinen. Deswegen trage ich auch all das Gold.

Pish zeigt mir seinen Goldschmuck, der ihm wirklich hervorragend steht und etwas von einem 70er Jahre Gigolo verleiht. Im Gegenzug zeige ich meinen Goldschmuck her, denn ich strahle auch gerne.

MusiCandy: ja, ich habe auch ein bisschen was Goldiges um.

Pish: Wunderschön! Ich mag das. Manche Leute sagen, das sei total dumm mit dem ganzen Bling Bling, aber wir kommen nun mal von einem dunklen Ort und es ist wichtig für uns zu scheinen.

MusiCandy: Jedes kleine Licht ist wichtig!

Pish: So ist es, nimm jedes kleine Licht, das du bekommen kannst, und wenn es nur ein Goldring ist.

Pish - Kosmonaut Festival [06.07.2019]

Das Interview wurde geführt von Désirée Pezzetta

Fotocredits: Adina Scharfenberg

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